Presse Erwerbstätigkeit im 2. Quartal 2020: Größter Rückgang seit der deutschen Vereinigung

Saisonbereinigter Rückgang um 1,4 % gegenüber 1. Quartal 2020

Pressemitteilung Nr. 312 vom 18. August 2020

Erwerbstätige mit Arbeitsort in Deutschland, 2. Quartal 2020
-1,4 % zum Vorquartal (saisonbereinigt)
-0,9 % zum Vorquartal
-1,3 % zum Vorjahresquartal

WIESBADEN – Im 2. Quartal 2020 waren rund 44,7 Millionen Personen mit Arbeitsort in Deutschland erwerbstätig. Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) ging die Erwerbstätigenzahl im Vergleich zum 1. Quartal 2020 saisonbereinigt um 618 000 Personen oder 1,4 % zurück und damit so stark wie noch nie seit der deutschen Vereinigung. Im Vergleich zum 4. Quartal 2019, dem Quartal vor Beginn der Einschränkungen durch die  Corona-Pandemie in Deutschland, ging die Zahl der Erwerbstätigen im 2. Quartal 2020 saisonbereinigt ebenfalls um 1,4 % oder 634 000 Personen zurück.

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Nicht saisonbereinigt sank die Zahl der Erwerbstätigen gegenüber dem Vorquartal um 397 000 oder 0,9 %. Normalerweise steigt die Erwerbstätigkeit im 2. Quartal eines Jahres aufgrund der üblichen Frühjahrsbelebung stark an – im Durchschnitt der letzten fünf Jahre in einem 2. Quartal um 0,9 % (409 000 Personen). Im Zuge der Corona-Pandemie seit der zweiten Märzhälfte ist in diesem Jahr jedoch statt eines Anstiegs ein außergewöhnlich großer Rückgang zu verzeichnen.

Rückgang der Erwerbstätigkeit um 1,3 % gegenüber 2. Quartal 2019 

Verglichen mit dem 2. Quartal 2019 sank die Zahl der Erwerbstätigen um 1,3 % (574 000 Personen). Im 1. Quartal 2020 hatte die Vorjahresveränderungsrate noch bei +0,3 % gelegen. 

Die zur Eindämmung der Corona-Pandemie getroffenen Maßnahmen führen zu einer erhöhten Unsicherheit bei der Schätzung der Erwerbstätigenzahlen. Die massiv gestiegene Kurzarbeit wirkte sich dabei nicht auf die Erwerbstätigenzahlen aus, da Kurzarbeitende unabhängig vom Ausmaß der Kurzarbeit nach den Konzepten der Erwerbstätigenrechnung zu den Erwerbstätigen zählen und nicht als Erwerbslose. 

Erwerbstätigenzahl in den Dienstleistungsbereichen erstmals seit 2003 rückläufig 

Insgesamt waren im 2. Quartal 2020 gegenüber dem Vorjahresquartal die Dienstleistungsbereiche am stärksten vom Rückgang der absoluten Erwerbstätigenzahl betroffen (-369 000 Personen; -1,1 %). Zuletzt sank hier die Beschäftigung gegenüber dem Vorjahr vor fast 17 Jahren (3. Quartal 2003: -70 000 Personen; -0,2 %). Die größten absoluten Beschäftigungsverluste verzeichneten dabei der Bereich Handel, Verkehr und Gastgewerbe mit -272 000 Personen (-2,7 %) sowie die Unternehmensdienstleister, zu denen auch die Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften gehört (-156 000 Personen; -2,5 %). Auch bei den Sonstigen Dienstleistungen ging die Zahl der Erwerbstätigen stark zurück (-85 000 Personen; -2,8 %), während sich bei den Finanz- und Versicherungsdienstleistern der bereits bestehende Abwärtstrend weiter fortsetzte (-10 000 Personen; -0,9 %). Beschäftigungsgewinne waren hingegen noch bei den Öffentlichen Dienstleistern, Erziehung, Gesundheit mit +141 000 Personen (+1,3 %), sowie im Bereich Information und Kommunikation (+18 000 Personen; +1,3 %) zu verzeichnen. 

Im Produzierenden Gewerbe (ohne Baugewerbe) setzte sich der Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen im 2. Quartal 2020 gegenüber dem Vorjahr verstärkt fort (-182 000 Personen; -2,2 %). Im Baugewerbe konnten hingegen noch Beschäftigungsgewinne von 11 000 Personen (+0,4 %) erzielt werden. In der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei sank die Zahl der Erwerbstätigen um 34 000 Personen (-5,3 %). 

Weniger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, weniger Selbstständige 

Der Rückgang der Erwerbstätigkeit geht zu gut drei Vierteln auf den Rückgang der Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zurück, die sich im 2. Quartal 2020 im Vergleich zum 2. Quartal 2019 um 434 000 (-1,1 %) auf 40,64 Millionen Personen verringerte. Diese Entwicklung basierte sowohl auf Rückgängen bei der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten als auch bei der Zahl der Beschäftigten mit ausschließlich marginalen Tätigkeiten (geringfügig entlohnte und kurzfristig Beschäftigte sowie Personen in Arbeitsgelegenheiten). Der Rückgang von selbstständiger Tätigkeit setzte sich im 2. Quartal 2020 verstärkt fort: Die Zahl der Selbstständigen einschließlich mithelfender Familienangehöriger sank im Vergleich zum Vorjahresquartal um 140 000 Personen (-3,4 %) auf 4,02 Millionen. 

Arbeitsvolumen sinkt stark um 10,0 % 

Die Zahl der durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden je erwerbstätige Person verringerte sich nach ersten vorläufigen Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit im 2. Quartal 2020 im Vergleich zum Vorjahresquartal sehr stark um 8,8 % auf 297,3 Stunden. Das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen – also das Produkt aus Erwerbstätigenzahl und geleisteten Stunden je erwerbstätige Person – sank im gleichen Zeitraum um 10,0 % auf 13,3 Milliarden Stunden. Hier zeigt sich insbesondere der Effekt der Inanspruchnahme von Kurzarbeit ab der zweiten Märzhälfte, der sich zwar nicht in der Zahl der Erwerbstätigen, aber in der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden niederschlägt. 

Erwerbstätigenzahlen in der EU

Nach Angaben des europäischen Statistikamtes Eurostat vom 14. August 2020 sank im 2. Quartal 2020 in den 27 Ländern der Europäischen Union (EU) und im Euroraum die Erwerbstätigkeit gegenüber dem Vorjahresquartal stärker als in Deutschland. So betrug der Rückgang in der EU 2,7 % und im Euroraum 2,9 %. 

Hinweis zu den bisher veröffentlichten Ergebnissen 

Neben der Erstberechnung der Erwerbstätigenzahlen und der geleisteten Arbeitsstunden für das 2. Quartal 2020 wurden auch die bisher veröffentlichten Ergebnisse ab dem 1. Quartal 2016 im Rahmen der turnusmäßigen Überarbeitung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) neu berechnet. Aus der Neuberechnung resultieren für die vierteljährlichen Erwerbstätigenzahlen Vorjahresveränderungsraten, die maximal um 0,1 Prozentpunkte von den bisher veröffentlichten Ergebnissen abweichen. Die Entwicklungsraten der Jahresdurchschnitte bleiben unverändert.

Methodische Hinweise

In allen Meldungen zu Konjunkturindikatoren sind die unterschiedlichen Vergleichszeiträume zu beachten. Im Fokus der Konjunkturbeobachtung steht der Vergleich zum Vormonat/Vorquartal. Hieraus lässt sich der kurzfristige Trend der konjunkturellen Entwicklung ablesen. Der Vorjahresvergleich dient einem längerfristigen Niveauvergleich und ist von saisonalen Schwankungen unabhängig. In der aktuellen Corona-Krise kann es durch die starken Rückgänge insbesondere im März/April 2020 und die sich seitdem langsam wiedereinstellende Erholung zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen im Vormonats-/Vorquartalsvergleich und Vorjahresvergleich kommen. Wichtig sind beide Betrachtungsweisen: Wie ist der konjunkturelle Trend gemessen am Vormonats-/Vorquartalsvergleich, und wie weit ist der Aufholprozess im Vergleich zum Vorjahresniveau? Um zusätzlich einen direkten Vergleich zum Vorkrisenniveau zu ermöglichen, wird ab sofort in allen Pressemitteilungen zu Konjunkturindikatoren, die saisonbereinigt vorliegen, ein Vergleich zum Februar 2020 beziehungsweise zum 4. Quartal 2019 dargestellt.

Erwerbstätige und geleistete Arbeitsstunden
Jahr,
Vierteljahr 1
Erwerbstätige 2Geleistete Arbeitsstunden 3
insgesamtArbeit-
nehmer
Selbst-
ständige 4
insgesamtje
Erwerbstätigen
Personen in 1 000Millionen StundenStunden
1 Für Erwerbstätige: Jahres- beziehungsweise Quartalsdurchschnitte.
2 Ergebnisse der Erwerbstätigenrechnung im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen; Erwerbstätige mit Arbeitsort in Deutschland (Inlandskonzept).
3 Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg.
4 Einschließlich mithelfender Familienangehöriger.
Q = Quartal
201744 26239 9894 27361 4831 389,1
201844 86840 6454 22362 2291 386,9
201945 26941 1174 15262 5961 382,8
2017Q143 73239 4384 29415 675358,4
Q244 16639 8924 27414 496328,2
Q344 45040 1794 27115 725353,8
Q444 69940 4484 25115 587348,7
2018Q144 39840 1564 24215 687353,3
Q244 79040 5634 22714 814330,7
Q345 02840 8044 22415 888352,8
Q445 25741 0554 20215 841350,0
2019Q144 92040 7334 18715 978355,7
Q245 24041 0774 16314 750326,0
Q345 37641 2294 14716 074354,2
Q445 53841 4294 10915 795346,8
2020Q145 06340 9874 07615 672347,8
Q244 66640 6434 02313 280297,3
Veränderung gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum in %
20171,41,7-1,60,9-0,5
20181,41,6-1,21,2-0,2
20190,91,2-1,70,6-0,3
2017Q11,41,7-1,72,51,0
Q21,41,7-1,7-0,5-1,8
Q31,41,7-1,60,8-0,5
Q41,41,7-1,40,7-0,7
2018Q11,51,8-1,20,1-1,4
Q21,41,7-1,12,20,8
Q31,31,6-1,11,0-0,3
Q41,21,5-1,21,60,4
2019Q11,21,4-1,31,90,7
Q21,01,3-1,5-0,4-1,4
Q30,81,0-1,81,20,4
Q40,60,9-2,2-0,3-0,9
2020Q10,30,6-2,7-1,9-2,2
Q2-1,3-1,1-3,4-10,0-8,8
Erwerbstätige mit Arbeitsort in Deutschland nach Wirtschaftsbereichen 1
Wirtschaftsbereich 2201920192020
Q1Q2Q3Q4Q1Q2
1 Ergebnisse der Erwerbstätigenrechnung im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (Inlandskonzept);
Jahres- und Quartalsdurchschnitte.
2 Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008).
Q = Quartal 
Personen in 1000
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei599566638619573552604
Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe8 3608 3508 3568 3828 3618 2518 174
darunter:
Verarbeitendes Gewerbe7 7587 7547 7547 7767 7497 6207 545
Baugewerbe2 5522 5042 5442 5692 5832 5392 555
Handel, Verkehr, Gastgewerbe10 25710 16010 24710 28410 31710 1739 975
Information und Kommunikation1 3751 3601 3701 3801 3931 3951 388
Finanz- und Versicherungsdienstleister1 0961 0981 0931 0971 1011 0901 083
Grundstücks- und Wohnungswesen481478481482482480476
Unternehmensdienstleister6 2016 1676 1936 2276 2276 1366 037
Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit11 31311 22411 26911 29011 46211 45011 410
Sonstige Dienstleister3 0353 0133 0493 0463 0392 9972 964
Veränderung gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum in %
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei-1,5-0,7-2,3-1,4-1,5-2,5-5,3
Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe0,61,41,10,4-0,4-1,2-2,2
darunter: 
Verarbeitendes Gewerbe0,51,41,00,3-0,6-1,7-2,7
Baugewerbe1,51,7 1,51,11,11,40,4
Handel, Verkehr, Gastgewerbe0,81,10,80,50,40,1-2,7
Information und Kommunikation3,74,23,93,83,02,61,3
Finanz- und Versicherungsdienstleister-1,2-1,3-1,2-0,8-0,7-0,7-0,9
Grundstücks- und Wohnungswesen0,81,11,30,80,20,4-1,0
Unternehmensdienstleister-0,40,1-0,4-0,7-0,5-0,5-2,5
Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit1,91,61,81,92,02,01,3
Sonstige Dienstleister0,80,91,11,00,5-0,5-2,8

Detaillierte Ergebnisse und lange Zeitreihen zu den Erwerbstätigen für Deutschland können in der Datenbank GENESIS-Online über die Tabellen VGR des Bundes (81000-0012 und 81000-0016) und Arbeitsmarkt (13321) abgerufen werden.

Krisenmonitor ermöglicht Vergleich zwischen Corona-Krise und Finanz- und Wirtschaftskrise

Die Erwerbstätigenzahlen sind auch Teil des „Krisenmonitors“ (www.destatis.de/krisenmonitor), mit dem das Statistische Bundesamt die Entwicklung wichtiger Konjunkturindikatoren in der Corona-Krise und in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 gegenüberstellt. Der Krisenmonitor ergänzt die Sonderseite Corona-Statistiken die seit Anfang April statistische Informationen zu den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie bündelt.

Deutsche EU-Ratspräsidentschaft im Bereich Statistik
Seit dem 1. Juli leitet das Statistische Bundesamt im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft unter dem Vorsitz von Präsident Dr. Georg Thiel die Ratsarbeitsgruppe Statistik. Über unsere Aktivitäten im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft informieren wir auf der Sonderseite www.destatis.de/eu2020.

Europäische Statistiken finden Sie in unserem Datenangebot "Europa in Zahlen"

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